Quelle: Blätter 1962 Heft 07 (Juli)
zurück CHRONIK DES MONATS JUNI 1962 ============================ 1.6. - D D R. Zwischen der Bundesrepublik und dem Irak kommt es zu Spannungen, weil Bagdad die Errichtung eines ostberliner Gene- ralkonsulats gestattet hat. Die irakische Regierung lehnt die von Bonn geforderte ausdrückliche Erklärung über die "völkerrechtli- che Nichtanerkennung der DDR" ab. - S o w j e t u n i o n. Um durchschnittlich 25 Prozent erhöhen sich die Verbraucherpreise für Fleisch und Butter. Gleichzeitig werden die dem Bauern gezahlten Aufkaufpreise heraufgesetzt, um für die Produktion tierischer Erzeugnisse den "notwendigen mate- riellen Anreiz zu bieten". 2.6. - A f r i k a. 19 Außenminister afrikanischer Länder verab- schieden in Lagos (Nigeria) das Projekt einer "Politischen Charta Afrikas", das allen Staats- und Regierungschefs des Kontinents unterbreitet werden soll. - In Kairo unterzeichnen Delegationen des arabischen Wirtschaftsrats ein erstes Abkommen zur Vorberei- tung des "Gemeinsamen Arabischen Marktes". 2.-5.6. - C D U - P a r t e i t a g. Als wichtigstes Ziel der Partei bezeichnet es Bundeskanzler Adenauer, die absolute Mehr- heit bei den kommenden Bundestagswahlen wieder zu gewinnen. Adenauer lobt das Einschwenken der SPD auf den bisherigen Regie- rungskurs und lehnt es ab, einen Termin für seinen Rücktritt zu nennen. Wirtschaftsminister Erhard wendet sich gegen die Lohnfor- derungen der Gewerkschaften. - Zum "Geschäftsführenden Vorsitzen- den" wird nach einer Statutenänderung der nordrhein-westfälische Innenminister Dufhues gewählt. 4.6. - F r a n k r e i c h. Das Oberste Kassationsgericht weist die Revisionsklage Generals Jouhauds gegen das Todesurteil als unbegründet ab. Nachdem Jouhaud am 5.6. an den Chef der Geheimar- mee, den zu lebenslänglicher Haft verurteilten General Salan, ap- pelliert hat, die Einstellung des Terrors zu befehlen, mehren sich die Vermutungen über geheime Kontakte zwischen der OAS und der FLN. Am 7.6. beginnt die OAS mit einer neuen Serie von Sprengstoffanschlägen und Mordüberfällen. 5.6. - S p a n i e n. Vor Beginn eines Europa-Kongresses treffen sich in München Gegner des Franco-Regimes zu geheimen Gesprächen. - Mit einer ausgedehnten Verhaftungswelle gegen die "Front der Befreiungsbewegung" versucht die Regierung, die seit dem 1. April andauernden Streiks in verschiedenen Teilen des Landes zu been- den. 6.6. - B u n d e s w e h r. Minister Strauß konferiert in Washington über die "gesamte Verteidigungskonzeption der NATO" und die "atomare Planung" für die Bundeswehr. - W a f f e n k ä u f e. Etwa 400 Millionen D-Mark will die Bun- desregierung in den Jahren 1962-64 als Devisenhilfe zusätzlich für Rüstungsgüter in Großbritannien ausgeben. Ein entsprechendes Abkommen sieht Käufe von Ausrüstungsgegenständen für Bundesbahn und Bundespost und die übernahme bestimmter britischer Verpflich- tungen in Afrika in Höhe von 200 Mill. DM vor. 6.-7.6. - C O M E C O N. Richtlinien für eine "engere Koordinie- rung ihrer Volkswirtschaften" beschließen die Mitglieder des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe in Moskau. In einer Er- klärung übt der Rat heftige Kritik an der "Diskriminierungs- politik des Gemeinsamen Marktes" und fordert stattdessen die Verstärkung des Ost-West-Handels und eine internationale Kon- ferenz über den Welthandel. 7.6. - L o h n t a r i f e. Gegen den Willen des Vorstandes ver- pflichten Betriebsräte und Vertrauensleute der IG Metall ihre Ta- rifkommission auf eine Lohnforderung von 10 Prozent. - Die Urab- stimmung am 14.6. ergibt 97,5% Ja-Stimmen für die Durchsetzung dieser Forderung, notfalls durch Streik. 8.6. - W e l t r a u m. Eine engere Zusammenarbeit zwischen so- wjetischen und amerikanischen Wissenschaftlern bei der Er- forschung des Weltraums vereinbaren Beauftragte beider Länder. - K e r n w a f f e n. Die schwedische Delegation in Genf for- dert von den drei Atommächten, sich einen Termin zur Einstellung ihrer Versuche und zum gleichzeitigen Inkrafttreten des Kontroll- abkommens zu setzen. 10.6. - S p a n i e n. General Franco stellt führende Oppositi- onspolitiker, die von einer Reise ins Ausland zurückkehren, vor die Wahl, ins Exil zu gehen oder einen Zwangsaufenthalt auf den Kanarischen Inseln zu nehmen. Wenig später hebt die Regierung das freie Niederlassungsrecht für zwei Jahre auf. 12.6. - L a o s. Auf der Jarres-Ebene unterzeichnen die Führer der drei bürgerkriegführenden Parteien ein Abkommen über die Bil- dung einer Koalitionsregierung unter dem neutralistischen Politi- ker Prinz Souvanna Phouma. Der Prinz kündigt die Entsendung einer Delegation zur Laos-Konferenz nach Genf an, um dort die Neutrali- tät des hinterindischen Königreiches völkerrechtlich festzulegen und durch internationale Garantien zu sichern. Die Kampftätigkeit im ganzen Lande ruht. - Trotz der Beruhigung der Lage in Laos würden die auf thailändischem Boden stationierten US-Truppen bleiben, erklärt das amerikanische Außenministerium. 15.6. - A b r ü s t u n g. Die Genfer Konferenz vertagt sich auf Vorschlag der blockfreien Länder bis zum 16. Juli. - F r a n k r e i c h. Gegen den früheren Ministerpräsidenten Bidault leitet die Staatsanwaltschaft ein Verfahren ein und bean- tragt die Aufhebung der parlamentarischen Immunität. Bidault gilt als einer der zivilen Führer der geheimen Untergrundbewegung. - Gegen General Salan wird ein zweites Strafverfahren eröffnet. 16.6. - K e r n w a f f e n. Für die "Einheitlichkeit der Pla- nung und die Konzentration der Verfügungsgewalt über nukleare Waffen" spricht sich US-Verteidigungsminister MacNamara aus. - Am 17.6. explodiert die 20. Atombombe der laufenden amerikanischen Versuchsserie in der Atmosphäre über den Weihnachtsinseln. 700 Wissenschaftler appellieren von einer Tagung in New York an Prä- sident Kennedy, die geplanten Kernwaffenversuche in großer Höhe wegen der besonderen Gefahren zu unterlassen. - Das Experiment, am 20.6. eine Kernladung in 800 km Höhe zur Explosion zu bringen, mißlingt. 17.6. - A l g e r i e n. Drei Monate nach dem Vertrag von Evian gibt die Provisorische Exekutive den Abschluß einer Vereinbarung mit der Geheimarmee über die Einstellung der Terrorakte und Ge- waltmaßnahmen bekannt. Innerhalb der OAS kommt es zu Meinungsver- schiedenheiten. - B i z e r t a. Die baldige Wiederaufnahme der Verhandlungen mit Paris über den Rückzug der französischen Truppen vom tunesi- schen Stützpunkt Bizerta erwartet Staatspräsident Bourgiba. 18.6. - U S A. Vor Beginn einer ausgedehnten Reise durch Westeu- ropa zu Besprechungen in Paris, Berlin, Bonn, Rom, London und Lissabon, empfängt Staatssekretär Rusk den sowjetischen Botschaf- ter Dobrynin zu einem Gespräch über die Berlin-Frage. - I t a l i e n. Nach fünfstündiger Diskussion billigt das Kabi- nett Fanfani den Gesetzentwurf zur Verstaatlichung der Elektrizi- tätswerke und erfüllt damit eine bei seinem Amtsantritt gegebene Zusage. 19.6. - D e u t s c h l a n d f r a g e. Den Abschluß eines Friedensvertrages mit der DDR, falls der Westen mit entsprechen- den Verträgen für beide deutsche Staaten nicht einverstanden sein sollte, kündigt Ministerpräsident Chrustschow an, ohne jedoch einen Termin zu nennen. Mit einem solchen Vertrag - so erklärt Chrustschow in Bukarest - werde der Westen alle seine Rechte in Berlin verlieren. 20.6. - F I B A G - A f f ä r e. Bis auf "einige Einzelheiten" könne dem Bundesverteidigungsminister kein Vorwurf einer Dienst- pflichtverletzung gemacht werden, stellt der Unterausschuß des Bundestages fest und beendet das Untersuchungsverfahren. Die SPD stimmt dem Bericht an das Plenum nicht zu, verzichtet aber eben- falls auf weitere Zeugenvernehmungen. 21.-22.6. - D e u t s c h l a n d f r a g e. Während seiner Eu- ropareise führt Außenminister Rusk in Bonn und Berlin Besprechun- gen. In Westberlin erklärt Rusk, es werde viel Zeit vergehen, bis die Freizügigkeit innerhalb der Stadt wiederhergestellt werden könne. 21.-28.6. - K e r n w a f f e n. Ein internationaler Kongreß "Welt ohne Bombe" empfiehlt in Accra (Ghana) die Errichtung atom- waffenfreier Zonen in Afrika, Asien, dem Nahen Osten und Latein- amerika und eine "Disengagement-Lösung" für Mittel-Europa. 25.6. - B e r l i n. Großbritannien, Frankreich und die USA schlagen der Sowjetunion Viermächtegespräche über "alle geeigne- ten Methoden" vor, um künftige Grenzzwischenfälle zu vermeiden. Gegenstand der Verhandlungen solle außerdem der Personen- und Gü- terverkehr innerhalb Berlins sein. - Der DDR-Staatsratsvorsit- zende Ulbricht bezeichnet am 26.6. Gespräche über die Normalisie- rung der Lage als ausschließliche Angelegenheit seiner Regierung und des Westberliner Senats. 26.6. - L a o s. Nach erfolgter Einigung der drei rivalisieren- den Gruppen laden Großbritannien und die Sowjetunion zum 2. Juli zur Fortsetzung der internationalen Laos-Konferenz nach Genf ein. - Am Rande der Konferenz erwarten Beobachter Gespräche zwischen den Außenministern der Westmächte und der Sowjetunion auch über das Berlin- und Deutschlandproblem. 27.6. - K o l o n i e n. Die UN-Vollversammlung beendet die bel- gische Treuhandschaft über Ruanda und Urundi zum 1. Juli und ord- net den Rückzug der Truppen Belgiens bis zum 1. August an. 28.6. - F I B A G - A f f ä r e. Mit 226 gegen 224 Stimmen ver- weist der Bundestag nach einer Geschäftsordnungsdebatte den Un- tersuchungsbericht über das Verhalten von Bundesverteidigungsmi- nister Strauß bei der Vergabe umfangreicher Bauaufträge wieder an den Sonderausschuß zurück. Damit ist eine neue Untersuchung des Falles beschlossen. 29.6. - A l g e r i e n. Wegen der Verhandlungen mit der OAS und anderer politischen Fragen kommt es zu Meinungsverschiedenheiten in der FLN und der Exilregierung. Nach dem Ausscheiden von Son- derminister Khidda verläßt Vizepremier Ben Bella nach Auseinan- dersetzungen mit dem Regierungschef Ben Khedda eine Sitzung des Exilkabinetts. - L o h n t a r i f e. Nur 30,1 Prozent der stimmberechtigten Mitglieder der IG Bergbau (52,6% der DAG-Mitglieder) bestätigten die ausgehandelte 8%ige Lohnerhöhung. 35,1 Prozent der Mitglieder (bei der DAG 24,2%) wenden sich gegen den zwischen den Gewerk- schaften und der Bergbauindustrie erzielten Kompromiß. - Bei der Urabstimmung genügten 25 Prozent der abgegebenen Stimmen für die Annahme des neuen Tarifvertrages. Für einen Streik wären 75 Pro- zent aller Stimmen notwendig gewesen. zurück